Caritas-Direktor Franz Kehrer, Landtagsabgeordnete Ines Vukajlovic, Sozialminister Johannes Rauch, Help-Mobil-Leiter Christian Koschka und Freiwilliger Helfer beim Help-Mobil Friedrich Lanz

Sozialminister Johannes Rauch besuchte Caritas-Einrichtungen in OÖ. und stellt sich der Diskussion zu Sorgen und Anliegen von armutsbetroffenen Menschen

Sozialminister Johannes Rauch widmet sich bei seiner Sommertour den brennendsten Themen im Gesundheits- und Sozialbereich. Das Motto: “Anpacken, wo’s wichtig ist”. Am 31. August machte er bei der Caritas OÖ Station, um sich vor Ort darüber zu informieren, wo es armutsbetroffenen Menschen am meisten unter den Nägeln brennt.

Beim Besuch der Caritas-Einrichtungen für wohnungslose Menschen, den Tageszentren Wärmestube sowie FRIDA für wohnungslose Frauen kam er mit Mitarbeiter*innen und Klient*innen ins Gespräch. Durch die Teuerungswelle suchen hier viel mehr Menschen Hilfe als im Vorjahr. Betrachtet man den Zeitraum von Jänner bis Ende Juli, gab es sogar eine Zunahme Besucher*innen-Zahlen um rund 40 % gegenüber dem Vorjahr: Die Wärmestube besuchten 684 unterschiedliche Personen (2022: 487), FRIDA 117 (2022: 86). Darunter auch viele Mindestpensionist*innen, die sich hier Lebensmittelunterstützung holen, um über die Runden zu kommen. Dass es auch in Österreich Menschen gibt, die keine Krankenversicherung haben oder sich nicht trauen, eine Arztpraxis aufzusuchen, wurde ihm beim Besuch des Help-Mobils, der medizinischen Basisversorgung für Wohnungslose bzw. Menschen ohne Versicherungsschutz, berichtet. Er versprach, sich verstärkt dafür einzusetzen, damit jede*r unbürokratisch Gesundheitsleistungen bekommt.

Die Teuerungen, Probleme mit der Sozialhilfe, der Gesundheitsversorgung und Frauenarmut waren auch die Haupt-Themen beim anschließenden Dialoggespräch mit Mitarbeiter*innen, Freiwilligen und Klient*innen der Caritas OÖ. Rund 80 Teilnehmer*innen nutzten die Gelegenheit, dem Sozialminister ihre Sorgen und Anliegen mit auf den Weg zu geben. Dabei wurde u.a. angesprochen, dass durch die Teuerungen so viele Menschen in Not wie noch nie in die 15 Caritas-Sozialberatungsstellen in OÖ kommen: Bis Ende Juli haben heuer bereits 3400 Personen hier vorgesprochen – das sind um 21 % mehr als Vergleichszeitraum des Vorjahres. Betrachtet man die Zahl der im Haushalt mitunterstützten Personen, wurden von den Caritas-Beratungsstellen bereits um 30 % mehr Menschen (7117 gegenüber 5459 im Jahr 2022) unterstützt als im Vorjahr. Die Unterstützungsleistungen des Bundes sowie des Landes gegen die Teuerungen konnten zwar vielfach Notlagen abfedern, sind aber befristet oder Einmalzahlungen. „Das größte Problem der Menschen ist die fehlende langfristige Perspektive, weil kein Ende der Preissteigerungen in Sicht ist“, erklärte Michael Felder, Stellenleiter der Caritas-Sozialberatung. Ein großes Problem in Oberösterreich ist u.a., dass die Wohnbeihilfe als Einkommen in die Sozialhilfe einberechnet wird. Dadurch erhalten viele Menschen bis zu 300 Euro weniger Sozialhilfe (= max. Höhe der Wohnbeihilfe) im Monat. Und einige kommen dadurch über den Richtsatz und erhalten gar keine Sozialhilfe. Daher brachte Caritas-OÖ-Direktor Franz Kehrer, MAS, vor, dass es dringend eine Gesamtreform der Sozialhilfe brauche – u.a. mit einem Verbot der Anrechnung von Sozialleistungen. Derzeit können die Länder selbst entscheiden, wie sie das handhaben.

Bundesminister Rauch hielt fest, dass „es nicht Ziel eines staatlichen Sicherungssystems sein kann, die Ausgaben der Sozialhilfe möglichst gering zu halten“. Eine Änderung des Sozialhilfe-Gesetzes sei aber auf Bundesebene aktuell nicht mehrheitsfähig.

Ein Schwerpunkt des Dialoggesprächs war Frauenarmut, dazu wurden von vielen u.a. die mangelnden Kinderbetreuungs-Möglichkeiten, Probleme mit dem Unterhaltsrecht, mit den langen Wartezeiten auf die Genehmigung der Familienhilfe und die Benachteiligung von Frauen mit Migrationshintergrund sowie von Frauen, die Angehörige zuhause pflegen, angesprochen. Minister Johannes Rauch erklärte u.a., dass eine Änderung des Unterhaltsrechts gerade in Vorbereitung sei und verweist darauf pflegende Angehörige künftig noch besser zu unterstützen. „Ich werde außerdem weiter daran arbeiten, mein Steckenpferd, eine Kindergrundsicherung, einzuführen. Das würde viele Familien auch insofern entlasten, weil sie nicht überall Anträge stellen müssen.“ Wichtig sei ihm vor allem auch, dass die Würde der Menschen geachtet werde: „Menschen, die ihrer Würde beraubt sind, verlieren jede Perspektive“, so Rauch.