Auf zwei Rädern in die Selbständigkeit

Sie macht den Drahtesel wieder fahrtüchtig und Jugendliche selbständig: die Fahrradwerkstätte der Beruflichen Qualifizierung der Caritas in Leonding. Als eine Etappe im Turnus lernen die Jugendlichen hier acht Wochen lang das Schrauben und Zerlegen von E-Bikes, Mountainbikes und klassischen Rädern. Und auch was „hinüber“ ist, ist noch nützlich: Ersatzteile werden aufbewahrt, der Rest kommt ins Upcycling und wird zu Hockern und Blumen-Übertöpfen.

Mit den Jugendlichen, die Martin Fabian in seiner Fahrradwerkstatt anlernt, hat er oft noch lange Kontakt: Am Wochenende war er mit einem von ihnen mountainbiken. Einen anderen trifft er immer, wenn er zum Mediamarkt geht: Dort ist der junge Mann mit Autismus-Spektrumsstörung mittlerweile stellvertretender Abteilungsleiter. Der Ausbildner erkannte, dass er nicht nur technikinteressiert, sondern auch noch redegewandt ist. Dementsprechend hat er ihn gefördert, so dass der Junge einen Platz gefunden hat, der wie für ihn geschaffen scheint.

Alle Jugendlichen, die bei ihm in der Fahrradwerkstätte mitarbeiten, haben zumindest zu 30% eine Beeinträchtigung. Sie lernen mit Werkzeug umzugehen und die Einzelteile des Fahrrads kennen. Viele haben schlechte Schulerfahrungen gemacht. Sie wurden gemobbt, sind unkonzentriert. Gerade daher eignet sich für Fabian die manuelle Arbeit besonders gut dafür, die Jugendlichen zu erreichen. Während am Rad geschraubt wird, redet er mit ihnen, erklärt ihnen die verschiedenen Rad-Komponenten und macht sie darauf aufmerksam, dass sie sich den Kragen vom Polo-Shirt richten sollen.

„Mir ist vor allem die Persönlichkeitsentwicklung wichtig“, betont Fabian. Damit meint er nicht nur, dass die Jugendlichen pünktlich und freundlich sein sollen. Sondern insbesondere: Selbstbestimmung. „Wenn sie lernen mit dem Werkzeug umzugehen, können sie sich vielleicht in der ersten eigenen Wohnung das IKEA-Kasterl selbst zusammenbauen. Sie müssen nicht den Papa fragen, um ein Loch zu bohren.“

Viele der Jugendlichen hatten mit Fahrrädern davor nichts am Hut. Nach ein paar Wochen helfen sie bei der Reparatur und kommen zum Teil selbst per Rad in die Arbeit – das sie in der Werkstatt zusammengeschraubt haben. Die Jugendlichen lernen alles von Null auf, schnuppern hinein in die Arbeit und entscheiden sich dann, ob sie in der Spezialisierungsphase wieder kommen möchten oder auch eine Lehre im Rad-Service beginnen.

Die Räder bekommt die Werkstätte aus allen Bereichen. Mit dem Rad-Shop E-Moc nebenan gibt es eine enge Kooperation. Für das Geschäft baut die Werkstätte viele Räder zusammen und macht den Service. Auch auf E-Bikes werden die Jugendlichen geschult – dank der langjährigen Zusammenarbeit mit der Verleihfirma Kaloveo, für die die Radwerkstatt das Jahresservice übernimmt.

Manchmal kommt auch eine ganze Ladung alter Räder von einer Kellerräumung. In der Werkstätte werden sie aufbereitet – auch die, die in einem normalen Rad-Geschäft auf dem Müll landen würden. Sie werden zu neuen Rädern verschraubt und an die Jugendlichen oder an Caritas-Einrichtungen weitergegeben. Alte Fahrradketten kommen ins Metallprojekt nebenan, wo sie zu Blumen-Übertopfen verschweißt werden. Fahrradmäntel werden beim B37-Projekt „Tabo“ zu Hockern. Dass alles irgendwie verwertet wird, ist Martin Fabian wichtig: „Ich bringe auch die Kartons, die von der Lieferung übrig bleiben, noch zum Antiquitätenhändler“, sagt er. „Der kann sie gut brauchen.“

Lesen Sie mehr darüber, was wir für Menschen mit Beeinträchtigung tun, in der aktuellen Ausgabe der „nah dran“. In dieser Ausgabe behandeln wir insbesondere das Thema "Nachhaltigkeit" -  Upcycling, Recycling und welche Auswirkungen die Klimakrise auf unsere Projekte in Afrika hat, wie sie das Leben in Österreich beeinflusst und was jeder und jede Einzelne wirkungsvoll tun kann.
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